Asyl und Integration: Regierung und Landtag reagieren auf erhöhte Flüchtlingszahlen

Hass und Fremdenfeindlichkeit entschieden bekämpfen

[Artikel aus der SüdPost]

Seit Herbst letzten Jahres vergeht keine Plenarsitzung, bei der im sächsischen Landtag nicht über die Themen Asyl und Integration gesprochen wird. So gab es zu Beginn der 16. Plenarsitzung Anfang Juli eine aktuelle Debatte zum Thema. Daran wird deutlich: Für die Fraktionen des Landtages, insbesondere die Regierungskoalition aus CDU und SPD, ist es ein sehr wichtiges Thema. Das ist auch gut so, denn viele Menschen in Sachsen sind davon berührt, betroffen oder bewegt. Auf die ein oder andere Weise.

Erst vergangene Woche erklärte der stellvertretende sächsische Ministerpräsident Martin Dulig: „Wir stehen vor der größten humanitären Herausforderung in Deutschland und damit auch in Sachsen seit den Balkankriegen.“ Die Situation werde nicht nur anhalten, sondern sich möglicherweise verschärfen. Allein im August werden Schätzungen zufolge 5200 Flüchtlinge in Sachsen erwartet – im gesamten Vorjahr waren es 12 500. Das seien Dimensionen, die vor einigen Monaten nicht abzusehen gewesen seien, so Dulig.

Am Mittwoch, dem 19. August, hatte das BAMF seine neue Prognose für die Zahl der im Jahr 2015 nach Deutschland kommenden Flüchtlinge auf 800.000 Menschen angehoben. Für Sachsen bedeutet das einen Anstieg auf 41.000 Flüchtlinge, die aufgenommen und untergebracht werden müssen. Offenkundig muss noch einiges getan werden, um die Herausforderungen angemessen zu meistern. Deshalb hatte Martin Dulig als wichtigste Ziele der Regierung benannt, von Herbst an ohne Zelte für die Unterbringung von Flüchtlingen auszukommen und die Verfahrensdauer von Asylanträgen zu verkürzen. Auch die SPD-Fraktion im Landtag hat sich anlässlich einer Sondersitzung des Innenausschusses mit einem Forderungskatalog an die Staatsregierung gewandt, den Sie hier nachlesen können.

Sachsen reagiert nun auf die neue Prognose und will die Zahl der Erstaufnahmeplätze auf 10.000 dauerhafte Plätze aufstocken. Vorgesehen ist, diese Plätze durch Anmietungen und Baumaßnahmen bereitzustellen. Ziel ist die Ablösung der bestehenden Notunterkünfte sowie unwirtschaftlicher beziehungsweise zweckfremder Nutzungen. Vorrang hat aktuell, dass Flüchtlinge, die jetzt noch in Zelten untergebracht sind, bis spätestens Ende Oktober in feste Quartiere umziehen. Das ist eine von mehreren Maßnahmen, die das Sächsische Regierungskabinett am Donnerstag in Dresden in einer Sondersitzung zum Thema Asyl beschlossen hat.

Wirtschaftsminister Martin Dulig betonte: „Meine Einschätzung hat sich bestätigt. Neben der Bewältigung der organisatorischen Aufgaben wird es vor allem darum gehen, die Flüchtlinge und Asylsuchenden in unser Land zu integrieren. Dazu zählt die Integration durch Sprache, Arbeit und Teilhabe – dies sind wesentliche Elemente.“

Zur Realität in Sachsen gehört aber auch, dass es neben den vielen Menschen, die sich für die Integration von Migrant/innen engagieren, und der großen Masse an Unentschlossenen, die wir noch gewinnen können, eine relevante Gruppe von Menschen mit rassistischer Einstellung gibt.

Albrecht Pallas, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, machte in der Landtagsdebatte im Juli deutlich: „Wenn wir wollen, dass Integration gelingt, dass die Stimmung in Sachsen nicht noch weiter vergiftet wird, dann müssen wir Rassismus wieder gesellschaftlich ächten. Zu diesem demokratischen Konsens müssen wir alle zurückkehren. Da nehme ich keine der hier im Landtag vertretenen Parteien aus.“

Der SPD-Politiker Pallas machte auch deutlich, wie das gehen kann: „Wir alle tragen dieselbe Verantwortung: Ob Regierung oder Opposition, ob Fraktionschef oder einfacher Abgeordneter. Wir sind Vorbilder für die Menschen in Sachsen und müssen uns auch so verhalten. Es muss Schluss sein mit Zündeln. Es muss Schluss sein mit Fischen am rechten Rand, aber auch Schluss mit gegenseitigem Vorführen und machtpolitischen Spielchen. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Wir sollten alle unsere Verantwortung annehmen und Haltung zeigen. Haltung für das Recht auf Asyl, für Mitmenschlichkeit und für die Fähigkeit unserer Gesellschaft, Menschen in Not zu helfen und sie zu integrieren.“

Dabei müssten eigene Fehler der Verwaltung vermieden werden. Man müsse dahin kommen, dass nicht mehr von heute auf morgen in einer sächsischen Stadt eine Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung oder wie zuletzt Notunterkünfte aufgemacht werden – ohne Vorwarnzeit, ohne Gelegenheit, sich als kommunale Verwaltung oder die Bevölkerung darauf einzustellen. Er betonte aber, dass es keine Rechtfertigung für rassistisch motivierte Demonstrationen oder Übergriffe sein könne. Die Rede von Albrecht Pallas können Sie sich hier vollständig anhören.